Meine Tochter Lotte ist unglaublich kreativ – sie malt und bastelt ununterbrochen. Das erinnert mich sehr an meine eigene Kindheit. Auch ich habe damals viel Zeit in meinem Zimmer verbracht und verschiedenste Kunstwerke erschaffen (und dabei ein Riesen großes Chaos veranstaltet).
Sicherlich wurde meine Kreativität durch meine Mutter gefördert – bei uns zu Hause gab es immer eine große Auswahl an Materialien, und sie zeigte mir verschiedene Techniken. Lange dachte ich, meine künstlerische Ader sei vor allem dadurch entstanden. Doch jetzt sehe ich bei Lotte, dass es auch einfach in ihr steckt. Sie beschäftigt sich ganz selbstverständlich mit Kunst, egal ob gerade Materialien zur Verfügung stehen oder nicht. (Wobei es bei uns immer reichlich Bastelmaterial gibt – sie nutzt aber auch jeden Karton, den sie in die Finger bekommt, um etwas daraus zu basteln.)
Vor ein paar Wochen fragte mich Lotte, ob sie zum Kunstunterricht gehen könnte. Ich war begeistert von der Idee, wusste aber nicht, wie ich das zeitlich unterbringen sollte. Während ihres Unterrichts nach Hause zu fahren, hätte sich nicht gelohnt. Normalerweise nutze ich die Zeit, während die Kinder ihre Aktivitäten haben, für eine Laufrunde – aber mein Wochenpensum ist bereits mehr als ausgeschöpft.
Dann fiel mir ein: Da ich selbst Kunst studiert habe, wäre es doch noch viel besser, wenn ich den Unterricht direkt mit ihr mache. So wären wir flexibel und könnten den Termin je nach Bedarf verschieben. Lotte war sofort begeistert! Sie überlegte sich direkt einen Namen: „Kunstschule Bunter Fuchs“ – inspiriert von ihrem Lieblingstier. Sogar ein eigenes Logo hat sie gestaltet! Dabei habe ich ihr gezeigt, wie man zuerst Ideen sammelt und skizziert, bevor es an die Ausarbeitung geht.
Unser kleines Atelier
Lotte und ich nutzen jetzt mein kleines Atelier. Hier haben wir unsere Ruhe, hören Musik, malen gemeinsam und dürfen dabei so viel Chaos und Dreck machen, wie wir wollen. Ich versuche, ihr möglichst viele Techniken und Methoden beizubringen.
Neulich stand das Thema Stillleben auf dem Plan. Eine besondere Aufgabe bestand darin, sich vorzustellen, dass der Stift eine kleine Raupe ist, die sich über das Papier bewegt – ohne ihn abzusetzen. Diese Technik habe ich erst im Studium kennengelernt und erinnere mich noch gut daran, wie schwer sie mir damals gefallen ist. Umso erstaunter war ich, wie intuitiv Lotte sie umsetzen konnte, nachdem ich es ihr einmal gezeigt hatte.
Ich bin wirklich froh und dankbar, dass ich durch mein Studium so viele verschiedene Methoden und Techniken ausprobieren konnte. Das hilft mir enorm – nicht nur in der Kunst, sondern auch in meiner Arbeit, um Aufgaben aus neuen Perspektiven anzugehen.
Wertvolle gemeinsame Zeit
Ich bin unglaublich dankbar für diese besondere Zeit mit meiner Tochter. Einmal in der Woche gehört diese eine Stunde nur uns – ohne Ablenkungen, ohne den Gedanken daran, „nebenbei“ noch eine Waschmaschine anzustellen. Danach räumen wir gemeinsam auf und kehren zurück in den Alltag. Doch dieser Moment des kreativen Miteinanders bleibt – und das macht ihn so wertvoll.